Freitagnachmittag ging es los. Zwar nicht wie vermutet in einer halben Stunde, sondern eher nach 2 1/2 Stunden – wir wissen noch nicht so genau ob es wirklich so lange gedauert hat die Autos zu holen, oder ob das einfach der Norwegerfaktor ist – und zwar wie geplant nach Michigan City, Indiana erst auf der I90, dann auf der I94. Auf die I90 muss man erstmal kommen – und so fuhren wir plötzlich lustig durch South Chicago, der Stadtteil mit der höchsten Kriminalitätsrate in ganz USA. Dank deutscher Kartenkunde haben wir uns allerdings relativ schnell wieder raus gefunden und nach ner halben Stunde Stau und einer weiteren Stunde fahrt recht unspektakulär unsere Bleibe – das Knights Inn – gefunden. Mit 4 Personen in einem Doppelzimmer wurde es dann recht kuschelig, aber es gab nicht mal eine extra Charge für die Sonderbelegung. Um 21:00 Uhr hatte ich es dann recht eilig zum Casino zu kommen (das Edwin Konzert hatte um 20:00 Uhr angefangen) und bin schon mal zur Reception um uns Cabs zu bestellen. „2 Cabs in 10 Minutes please“ – „I can surely get you cabs but I don’t know if they make it in 10 minutes …“ okay, dann mal schauen. Und während er telefoniert schaut er mich an – “they’ve got only one cab out there tonight – do you want to do 2 rounds?”. Eine Stadt mit nem riesen Casino aber nicht mal 2 Cabs zu bekommen. Katastrophe. Also auf das Cab gewartet und dann erstmal zu 4 los gefahren. Mit dem Fahrer haben wir uns die Fahrt über über Steuern unterhalten – als die Norweger erzählt haben dass sie über 50% Steuern zahlen müssen meinte er nur: „How do you guys survive?!“. Auf dem Weg meinte er dann dass er das einzige Cab in der Gegend wäre und um halb 1 Feierabend machen würde. Das ließ natürlich alle Alarmglocken schrillen – so früh wollten wir nun wirklicht nicht zurück. Also die anderen angerufen, die Fahrfähigkeit überprüft, und sie mit dem Mietwagen kommen lassen. Tina hatte sich bereit erklärt zurück zu fahren. Drinnen hat David erstmal ein Foto gemacht, und dann gings auf die Suche nach dem Grand Ball Room wo Edwin spielen sollte. Der erste Security Mensch hat David dann gleich mal angehalten: „No cameras on the ship“. Das wir ein Schiff boarden war uns zwar neu, das Problem bestand weiterhin. Zum Glück gabs noch anderen Weg zum Ballroom auf dem man nicht durchs Casino mussten und dann standen wir davor und hörten Edwin & Band rocken. Nur noch wenige Schritte und ein bulliger Afro-Amerikaner zwischen uns und der Musik. Und der letztere war ne harte Nuss. Erste Taktik: nett fragen. Fehlanzeige. Zweite Taktik: Bändchen von den rausgehenden Besuchern abstauben und damit rein gehen. Fehlanzeige. Nun war guter Rat teuer. Also Tina vorgeschickt die mit bestem norwegischem Akzent und ihrem Charm den Unterschied machen sollte und gemacht hat! Zwar ließ sich der dunkle Berg immer noch nicht erweichen, aber immerhin hat er seinen Chef geholt mit dem Tina dann weiter diskutiert hat bis er endlich nachgab und wir rein stürmen konnten. Sehr seltsame Atmosphäre – fast nur Stühle und älteres Publikum (wir vermuten dass es Tickets automatisch mit den Zimmern gab) auf dunkelrotem schwerem Teppich mit gelben Ornamenten. Aber egal – wir waren drinnen! Die reguläre Show war zu Ende aber immerhin gab es noch ein paar Zusagen aus der Category „No songs that I wrote but songs that I wish I had written“. Darunter auch ne sehr, sehr coole Version von Seal’s „Crazy“. Und nach 3 Songs war unser Glück auch vorbei – pünktlich mit der Ankunft der anderen. Dann gings weiter ins Casino zum gamblen und Bier trinken. Das ärgerlich: Softdrinks sind kostenlos – aber will schon Softdrinks in nem Casino?! Erik hat sich an Blackjack gewagt, gewonnen, verloren, wieder gewonnen und am Ende $120 Plus gemacht. Nicht so gut liefs bei Manuel – $20 war sein Limit und das war dann auch weg. Ich hab mich mit ganzen 3 Dollar zweimal an nen einarmigen Banditen und einmal an ein Elektropoker gewagt und das hat dann auch gereicht – ein Bier verspielt, den Rest von meinem Limit konsumiert! ;) Gegen 12 haben wir dann den Abend an der Bar ausklingen lassen, wo irgendeine seltsame Coverband gespielt hat. Und plötzlich kam da ein langaariges, bekanntes Gesicht vorbei: Edwin. Sprang auf die Bühne und sang mit der Band 2-3 Songs bis er sich dann an die Bar stellte um noch ein paar Bier zu trinken. Ich also gleich mal hin, um ihm von unserem verrückten Plan wegen seinem Konzert nach Michigan City zu fahren zu erzählen und ein bisschen Lob zu verteilen und vielleicht aus Mitleid irgendwas von ihm abzustauben. Zum Mitleid kam es aber gar nicht. Während ich ihn zugetextet hab hat er sich 3-4 mal weggedreht und war so was von „not interested“. Echt enttäuschend, vor allem da er auf der Bühne immer so nen buddy / nice guy Eindruck vermittelt. Naja, immerhin hab ich seine Hand geschüttelt … ;) Gegen 3 gings dann auch zurück ins Hotel – Zwischenstop bei Meijers um noch einen kleinen After-Midnight-Snack einzulegen.
Nach einer leicht verschnarchten Nacht und nem Ellbogencheck von Tim neben mir gings dann um 9:30 am nächsten Tag weiter Richtung Norden. Zuerst aber ein Frühstück – und wo wohl: Denny’s! Extreme Breakfast hieß es glaube ich – und damit war nicht zuviel versprochen. Fetttriefender Bacon, Sausages, Eier, Hash Browns und natürlich Pancakes mit Syrup. Manuel konnte gar nicht genug davon bekommen und hat allein 2 Becher Syrup leer gemacht (vgl.: ich hab 1/3 von so nem Becher benutzt). Erster bemerkenswerte Ortschaft: New Bufallo. Kleines Nest, ländlich, verschlafen und mit dem legendären Radamick’s. Dazu später mehr – um 11 Uhr morgens hatte keiner Hunger auf Burger. Weiter gings zu den Warren Dunes. Einige ziemlich hohe Dünen mit Sandstrand am Lake Michigan. Mit runtergelassenen Scheiben und blasting music (Bloodhound Gang – Foxtrott, Uniform, Charly, Kilo => wurde danach zum offiziellen Roadtrip Song erhoben) haben wir ne große Runde auf dem Parkplatz gedreht um unsere Ankunft gebührend anzukündigen. Das Wetter war ein Traum. Strahlend blauer Himmel, ein paar kleine Wolken, 28° und ein leichter Wind, der es super angenehm machte. Und dann gings an den Strand und in den Lake Michigan. Etwas kalt (wohl so 16-17 Grad) aber super erfrischend. Um uns unser Abendessen zu verdienen sind wir ein paar Kilometer raus geschwommen und haben versucht die Wellen so gut es geht zum „surfen“ auszunutzen. Ausgepowert hieß es dann erstmal chillen am Strand – Karsten hatte seine Minijukebox mit dabei und so kams dann dass plötzlich alle eingepennt sind. Nicht mal lange – ca. 30-45 Minuten. Und dann sahen wir das rote Unheil: Sonnenbrandt. Erik sah aus wie ein gekochter Hummer. Nur ich schien verschont geblieben: „Simon – you still look like a proper German: All white!“ – ein Fehlurteil wie sich noch zeigen würde. Was wären die Warren Dunes ohne Besteigung – also hoch auf die Dune und die Aussicht genießen. Das kleinste Problem für Manuel (hat eine Mount Everest Bergtour mit Reinhold Messner über Zeitreisen gemacht), wir anderen haben oben doch ganz schön gepustet. Super Ausblick über Strand und Lake Michigan der doch eher wie ein Meer aussieht - kein Land in Sicht! Spätestens das herunter rennen entschädigte dann für den Aufstieg und zur Abkühlung gings dann nochmal in den See gefolgt von unserer Weiterfahrt nach South Haven. South Haven ist etwas größer als New Buffalo, allerdings immer noch so klein, dass man es ein kleines verschlafenes Fischerörtchen nennen könnte. Dort gibt es einen der wenigen Leuchttürme am Lake Michigan, einen Blueberry store (der leider zu hatte) ne Menge anderer kleiner Geschäfte und das Chocolat Café. Dort gibt es gigantisch viele Schokoladenprodukte – Pralinen, Fudge, Erbeeren in Schokolade, … und Eis. Ich hab 2 Kugeln bestellt und es kam mir vor wie 2 Eimer. Eine riesen Portion in der – als Spezialtät des Cafés – eine Praline ganz unten in der Waffel versteckt wird. Sehr, sehr lecker. Und als ich dachte, dass es keine größere Waffel als meine geben kann, kam Karsten mit einem noch größeren Eisberg angetrottet mit ein bisschen Respekt und ein bisschen Verzweiflung in seinen Augen, aber mit dem festen Entschluss das Eis komplett zu essen. Tina musste nach 2/3 einspringen … ;) Da wir doch ziemlich viel Zeit in den Warren Dunes liegen ließen, musste Saugatuck gestrichen werden und durch Holland gabs nur eine kurze Durchfahrt. Holland ist – wie der Name sagt – eine kleine Ortschaft die in holländischem Stil gebaut wurde, mit der wohl einzigen holländischen Windmühle in ganz Michigan. Über Grand Haven gings dann nach Muskegon wo wir ins Best Western eincheckten. Zimmer ohne Kühlschränke wie wir mit erschrecken feststellen mussten als wir unsere Sixpacks kalt stellen wollten. Aber zum Glück gibt’s ja in jedem amerikanischen Motel Eismaschinen, also wurde einfach das Waschbecken zum Kühlschrank umfunktioniert. Bei der erfrischenden Dusche fiel mir dann auf warum ich schon die ganze Fahrt über so ein brennen am Rücken hatte: Sonnenbrand! Nix mit proper German. Bei Tim hat es den Bauch erwischt – bei mir den Rücken. Zur Kühlung haben wir uns dann erstmal mit nem riesen Pumpkübel Aloe Vera eingerieben – das grüne Zeug hat sogar auf die Unterhemden abgefärbt. Nun folgte die erste Zereissprobe unserer engen Roadtripgemeinschaft: „Vorspiel“. Während die deutschen baldiges Abendessen und danach ein ausführliches und inensives „Vorspiel“ bevorzugten, wollte der Nordlandbund nur einmal aus dem Motel und folglich ein sofortiges und schnelles „Vorspiel“. Am Ende waren gabs das „Vorspiel“ vor dem Essen aber gemütlich. Nachdem das letzte Bier ausgetrunken war haben wir uns ein Großraumcab bestellt und erkundigten uns nach einem Food und Party Place. „Well it’s hard to find a place with food around that time“ meinte der Concierge. “It’s only 10:15!“ war unsere Antwort. „Oh no it’s 11:15 – you guys are still on Illinois time - this is State Michigan here“. Da hatten wir also mal ohne weitere Kenntnis unsere Zeitzone verlassen … Am Ende landeten wir in einm Buffalo Wild Wings Restaurant mitten in einer Mall – Muskegon hat kein sehr ausgeprägtes Nachtleben. Hungrig wie Bären bestellten die meisten (auch ich) – wie könnte das bei einem Buffalo Wild Wings anders sein – Buffalo Wings. Mit scharfer Mango Sauce. Süß und Scharf war die Beschreibung. Vom süßen hab ich nicht mehr viel geschmeckt. Das waren die schärfsten Wings in meinem Leben – und ich hatte auch noch die 18 Wings Portion genommen. Natürlich hab ich mir erstmal nichts anmerken lassen und Karsten eine Wing zum probieren angeboten. Ich glaube er hatte nicht mal richtig reingebissen als er ihn fallen ließ. Ich hab gekämpft – bis zum 18. Wing und ich war stärker als die Sauce! Am Ende waren allerdings meine Lippen um die hälfte angeschwollen und brannten wie Feuer. Mein Blick war leicht komatös (wie ich auf den Fotos festgestellt habe) und viel anzufangen war an diesem Abend mit mir nicht mehr. Musste aber auch nicht mehr, denn um 2 macht in Muskegon alles zu – nach dem langen Tag tat ein bisschen mehr Schlaf allerdings auch ganz gut.
Sonntag war shopping angesagt. In Deutschland nicht denkbar – anders hier in den USA. Erstmal war jedoch driving angesagt, immerhin war die Mall in Michigan City. Nicht aber ohne ein Frühstück. Denny’s konnte keiner mehr sehen also fuhren wir erstmal nach Grand Haven und erkundigten uns bei Einheimischen wo wir denn gut essen könnten. „Morning star breakfast is the place to go in Grand Haven“ – das konnte man sehen, denn es gab ne ganz schöne Schlange vor dem Laden. Nach fast einer Stunde warten gabs dann endlich einen Tisch für uns, und die Warterei hat sich wirklich gelohnt. Total authentisch, lange nicht so fettig und richtig gut! Ob es nun ein Omelet, Eggs Benedict, oder belegte Bagels waren – das Essen war super! Es gab Cookies so groß wie 2 Männerhände. Wahnsinn. In Michigan City hieß es dann von 3 bis 7 Uhr shoppen im „Lighthouse Premium Outlet Mall“. Viel zu sehen, viel zu kaufen und davon ein paar gute Angebote. Endlich bin ich mit Küchenwerkzeug versorgt (ganzes Set für $6,99) und 2 neue Polos und ein Sweatshirt gabs auch noch für insgesamt $50 zusammen. Jeder hat auch was gefunden, sodass alle zufrieden waren. Shoppen macht hungrig und da New Buffalo nicht weit war, entschieden wir uns zurück zu Radamick’s zu fahren. Sehr gute Entscheidung. Zwar mussten wir wieder eine ganze Weile warten aber ich kann mit Sicherheit sagen: ich habe an diesem Abend den besten Burger in meinem Leben gegessen. Wahnsinn. Kein Salat drauf, viel Fett und keine Sonderwünsche. Ich weiß nicht was das Geheimnis ist, aber dieser Burger hat eins. Dazu sehr guten Cole Slaw und Zwiebelringe. Der Geheimtipp – auch fast nur Einheimische in dem Laden! Gegen 10 pm waren wir dann müde, satt und zufrieden in Chicago und unser Roadtrip war schon vorbei. Eigentlich endlich, obwohl das suggerieren würde das wir es uns gewünscht hätten. Was ich aber meine ist, dass uns die 3 Tage viel länger vorkamen als sie es tatsächlich waren, und irgendwie kommt es uns inzwischen auch schon vor als würden wir uns seit Monaten kennen obwohl es erst 2 Wochen sind.
Heute hieß es die letzten Spuren des Roadtrips zu beseitigen. Da langsam die Wäsche auszugehen drohte große Waschsession und aufgrund der opulenten Fressorgien stand auch wieder Sport auf dem Programm. Zwar nur eine kleine Session (heute ist Labor Day = Feiertag), da das Gym schon um 3 pm zu gemacht hat, die dafür aber umso intensiver. Danach hab ich noch mit Tim den Rest des Cubs Spiel und die neu einziehenden Amerikanerinnen auf meinem Stockwerk angeschaut. Für morgen hat sich ein ganzer Berg Lesematerial angestaut – da ich aber keine Kurse habe, sollte das alles machbar sein …